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this post was submitted on 12 Jul 2023
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MODERATORS
Hältst du das Blockieren von Straßen nicht für eine Nötigung oder glaubst du, dass eine Nötigung keine Notwehr erlauben sollte? Wie siehst du das in anderen Fällen von Nötigung? Wie sollte man deiner Meinung nach handeln?
Natürlich ist bei Nötigung Notwehr erlaubt, es kommt aber immer auf die Verhältnismäßigkeit an. Da es hier zu keiner Bedrohung der Unversehrtheit der blockierten Verkehrsteilnehmer kommt, ist auch nur Notwehr im nicht gewaltmäßigem Umfang zu rechtfertigen.
Der Kastenwagen hat hier eine friedlich demonstrierende Person (friedlich im Kontext des nicht-bedrohlichem Protests) aktiv in Gefahr gebracht und sich mit einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr den Weg frei gefahren. Die Verhältnismäßigkeit ist hier nicht gegeben, also ist das Ausmaß an Notwehr nicht gerechtfertigt. Das sollte deine hoffentlich beantworten. Einfach abwarten und Tee trinken, da hat man leider Pech und muss die Exekutive ihre Arbeit machen lassen.
Grundsätzlich findet bei der Notwehr keine Güterabwägung statt. Niemand muss eine Körper- oder Eigentumsverletzung hinnehmen, selbst wenn diese nur durch eine tödliche Abwehrhandlung verhindert werden kann. Und das obwohl das Recht auf Leben selbstverständlich einen höheren Stellenwert hat als das Recht auf körperliche Unversehrheit oder Eigentum.
Eine Prüfung auf Verhältnismäßigkeit findet nur statt, wenn ein “extremes Missverhältnis” besteht. Es ist eben die Frage ob das hier besteht. Ich vermute, dass es auch eine Rolle spielt wie groß das Verletzungsrisiko für die Blockierenden war und wie einfach es für die Blockierenden gewesen wäre dem Auto schlicht auszuweichen. Im gegebenen Fall hätte der Blockierer mit einem halben Schritt zur Seite dem wirklich langsam fahrenden Auto ausweichen können.
Es kommt schlichtweg nicht darauf an, ob ein Blockierer hätte ausweichen können. Der Fahrer hat bewusst hingenommen den Blockierer anzufahren und das ist hier auch passiert. Somit besteht ein extremes Missverhältnis, da die Blockierer die körperliche Unversehrtheit des Fahrers in keiner Weise riskiert haben, der Fahrer hingegen bei dem Blockierer schon.
Wenn ich mit dem Fahrrad fahre und einem auf dem Radweg geparkten Auto hinten rein fahre, obwohl ich dieses schon lange vorher dort gesehen habe, bekomme ich trotzdem 100% der Schuld. Natürlich, das Auto steht da ordnungswidrig, aber ich darf genauso wenig bewusst in ein parkendes Auto fahren - egal wo es steht.
Jetzt übertrage das Auto auf dem Radweg auf die Blockierer und das Fahrrad das in parkende Autos fährt auf den Fahrer des Transporters. Nur weil der Blockierer nicht aus dem Weg geht, hat der Fahrer kein Recht darauf ihn anzufahren.
So wie ich bei einem Falschparker die Polizei/das Ordnungsamt rufen muss, muss der Fahrer darauf warten, dass die Polizei die Situation auflöst.
Was kann der Fahrer jetzt machen, ohne Leute anzufahren? Hupen oder anbrüllen. Mehr geht nicht, ohne sich selbst auch strafbar zu machen.
Was genau ein extremes Missverhältnis darstellt ist in der Rechtswissenschaft umstritten. Nach herrschender Meinung kann zum Beispiel tödliche Gewalt bereits im Falle des Diebstahls von mittelwertigen Gegenständen als Notwehr gerechtfertigt sein. Manch gehen dabei ab einem Wert von 50€ von Mittelwertigkeit aus, andere erst ab 100€ oder 200€.
Im Zweifel wird soetwas immer eine Einzelfallentscheidung sein, aber ganz so endeutig wie du es hier darstellst ist es meiner Auffassung nach nicht - das macht es ja gerade so ein interessantes Diskussionsthema.
Da ist aber streitbar ob es sich beim widerrechtlich geparkten Fahrzeug um einen Angriff auf ein notwehrfähiges Rechtsgut handelt. In meinen Augen ist das nicht so. Selbst wenn es sich um einen rechtswidrigen Angriff handeln würde, wäre gegen das geparkte Auto zu fahren nicht geeignet den Angriff zu beenden.
Stimmt, ich schnall mir von nun an nen Basi ans Rad und verdresche Autofahrer die auf dem Radweg parken von Notwehr her. Danke für deinen Beitrag!
Oder ich machs wie bisher und red mit denen darüber warum das vielleicht nicht so cool ist. Aber hast schon recht, Gewalt gegen Leib und Leben ist die bessere Option.
Was du oder ich in so einer Situation für richtig halten oder tun würden war nicht Hintergrund meiner Frage. Es ging mir mehr um die juristischen Hintergründe.
Radwegparken ist mit ziemlicher Sicherheit (in fast allen Fällen) keine Nötigung. Ob und wann Straßenblockaden eine Nötigung darstellen ist juristisch umstritten.
Nimm als Alternative einen Drängler hinter dir auf der Autobahn, der dich mit Lichthupe und Hupe nötigt auf Seite zu fahren. Darfst du da als Notwehr eine Vollbremsung hinlegen?
Oder anders rum: Du wirst absichtlich auf der Autobahn runtergebremst oder gebrakechecked, darfst du den Ausbremser von der Fahrbahn abdrängen um weiter zu kommen?
Beides juristisch gesehen 1A Nötigungen, bei denen man durch die erdachten Reaktionen eine Mitschuld bis hin zur alleinigen Schuld zugesprochen bekommen würde.
Wenn ein Auto das einen auf der Autobahn brakechecked also nicht absichtlich abgedrängt werden darf, warum sollte dann ein Blockierer aus Fleisch und Blut angefahren werden dürfen?
Ich bezweifle, dass Ausbremsen oder Abdrängen geeignet sind die Nötigung sicher und endgültig zu beenden.
Zudem birgt fast alles, was du auf der Autobahn machst das Risiko, auch in Individualrechtsgüter Unbeteiligter einzugreifen (anderer Autofahrer oder sogar Mitfahrer im Auto des Angreifers), was wiederum nicht vom Notwehrrecht gedeckt ist. Eingriffe in Rechtsgüter der Allgemeinheit können auch durch Notwehr entschuldigt werden.
Ein Prüfung auf Verhältnismäßigkeit findet im deutschen Recht nur statt, wenn ein extremes Missverhältnis zwischen dem zu schützenden Rechtsgut des Angegriffenen und dem geschädigten Rechtsgut des Angreifers besteht.
Es geht nicht darum was moralisch korrekt wäre, sondern was in der gegebenen Situation rein rechtlich (und rein theoretisch!) möglich ist. Ich fahre nicht mal Auto, aber ich finde diese Gedankenspielerei interessant.