Ja, immer rein in die Opferrolle, bewährte und bekannte Taktik.
Man beachte auch das sehr merkwürdige Verständnis von "Unterdrückung". Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn ein Mann, den sie nicht kennen und mit dem sie nichts zu tun haben, einen anderen Mann küsst, den sie nicht kennen und mit dem sie nichts zu tun haben. Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn sich im Mittelmeer ein Schiff auf den Weg macht, um Menschen in Not zu retten. Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn in Berlin jemand mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit fährt. Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn eine Frau eine Führungsposition bekommt. Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn Menschen eine Parade für Liebe und Freiheit abhalten. Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn Christian in Zukunft lieber Chirstiane sein möchte. Kurz: Rechte fühlen sich unterdrückt, wenn andere Menschen das tun, was sie glücklich macht.
Anderen Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Ihnen den eigenen, begrenzten Wertehorizont aufzwingen, aus der tiefen Überzeugung heraus, dass der eigene Lebensentwurf der einzig richtige ist. Statt über den Tellerrand schauen, wollen sie sich in eine Tasse setzen und das restliche Geschirr kaputt schmeißen.
Dabei kann man auch konservativ leben und eingestellt sein, ohne das anderen auch aufzwingen zu wollen. Ich kenne genug Leute, die das schaffen. Selbst traditionell leben, aber akzeptieren, dass das nicht alle Menschen tun wollen.
Aber wer fest davon überzeugt ist, dass die eigene Art zu leben die einzig richtige ist, der ist empfänglich für platte Bedrohungsnarrative und simple Antworten auf hochkomplexe Fragen. Für gefühlte Wahrheiten statt Tatsachen. Kurzum für den postfaktischen Populismus, den wir gerade so vielerorts beobachten müssen und von dem einige wenige im so großen Stil profitieren.